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Anlässlich unseres 200-jährigen Jubiläums haben wir einen Kurzfilm über die heutige Justizvollzugsanstalt gedreht, um die verschiedenen Bereiche unserer Einrichtung vorzustellen sowie einen Einblick in das Leben und Arbeiten hinter den Mauern zu ermöglichen:





Die Geschichte der JVA Rottenburg
Ein Blick zurück


 
 
Wir haben Geschichte, nein wir haben sogar Vorgeschichte.
Es begann so im Jahr 98 nach Christus, als die Römer auf unserem jetzigen Anstaltsgelände den Tempelbezirk ihrer Stadt und später noch eine Stadtmauer um Ihre Siedlung errichteten. Das hat übrigens unsere Anstalt mit dem Tower in London und der Vollzugsanstalt Regina Coeli in Rom gemeinsam.
Im 13.Jahrhundert gründeten die Grafen von Hohenberg an dieser Stelle die Stadt Rottenburg und es wurde im Bereich der jetzigen Justizvollzugsanstalt das zur Stadt gehörige Schloß erbaut.1391 waren die Grafen von Hohenberg praktisch pleite. Sie verkauften für 66.000 Gulden die Grafschaft an ihre Verwandten den Habsburgern. Somit wurde die Stadt und Ihr Umland (Vorder-) österreichisch. Die Welt war groß und im Reich der Habsburger ging damals die Sonne nicht unter. Es lebte sich ruhig, da von Freiburg im Breisgau und von Innsbruck her regiert und verwaltet wurde.
Damit war nun am 1.Januar 1806 Schluss. Unser Nachbar, der Herzog von Württemberg hatte unter Napoleons Gnaden Karriere gemacht und wurde von ihm dann zum Dank zum württembergischen König gekrönt. Zur Belohnung bekam er dann noch sämtliche Klöster, freie Reichsstädte in seinem Umland. Vorderösterreich musste er sich mit seinem badischen Kollegen teilen.
Die Begeisterung der Rottenburger darüber war äußerst begrenzt. In einer katholischen Kirche habe der Pfarrer gepredigt:
 … “ und so wollen wir Gott danken, dass wir ab jetzt Württemberger sein dürfen und zugleich Buße dafür tun, dass wir es nicht besser verdient haben“ …
Im Jahre 1808 fiel die Entscheidung in Rottenburg ein Armenhaus einzurichten. Zunächst war geplant dieses im Spital zu errichten. Die Rottenburger reagierten heftig und gereizt auf das Ansinnen. Daraufhin wurde das nicht mehr gebrauchte Schloss dafür bestimmt. 1811 wurde renoviert und 1813 konnte man einziehen.
Im (Armen-) Arbeitshaus herrschte ein strenges Regiment. Absolut Verboten waren Alkohol, Rauchen Tee- und Kaffeegenuss. Gearbeitet wurde von 7- bis 20 Uhr mit 2 Stunden Mittagsruhe, an 6 Tagen in der Woche. Geweckt wurde um 6 Uhr und um 21 Uhr war Bettruhe. Das Arbeitshaus hatte eine Kapazität von 120 Personen.
Es gab damals zwei Arten von Arbeitshäusern. Erstens das Armenhaus, indem Arme gegen öffentliche Unterstützung arbeiteten und wohnten. Zweitens die Korrektionsanstalt, in der „liederliche Personen“ nach verbüßter Strafe mit Arbeit beschäftigt wurden. Man beachte auch, dass damals Personen beiderlei Geschlechts, natürlich voneinander getrennt Inhaftiert waren. Wenn wir nochmals uns anschauen, wer alles im Arbeitshaus wohnte, werden wir werden wir sofort begreifen, wie schwer es für die Aufseher war, die Übersicht zu bewahren. Kriminelle, Schuldner und Irre durften keinesfalls das Gelände verlassen. Arbeitsscheue, Waise und Prostituierte nur mit Genehmigung. Alte und Invalide durften gehen, aber wohin? Der Pförtner war wohl manchmal etwas überfordert und eine richtige Mauer gab es ja auch noch nicht.
Also wurde 1820 dann das Arbeitshaus in die „Klause“ verlegt.
Das Gefängnis blieb im Schloss, 1824 kam es dann unter die Regie des Innenministeriums und wurde der Polizeiaufsicht unterstellt und hieß nun „Polizeyhaus Rottenburg“.
 
Um 1824 war unser Gefängnis nicht groß. Es bestand lediglich aus den zwei rechtwinklig aneinanderstoßenden Flügeln des alten zweigeschossigen Hohenberger Schlosses. Ein Flügel war dort wo heute das Haus eins steht, der andere war im rechten Winkel dazu über den heutigen Hof Haus1 auf Höhe des Vorstandsgebäudes (großes Backsteinhaus Hof Haus1) Alles war dort untergebracht. Verwaltung, Küche, Materiallager, Arbeits- und Schlafräume. 
Hier waren1827 insgesamt 74 Personen inhaftiert, streng getrennt nach Frauen und Männern und wenigen jugendlichen Straftätern. Die Männer arbeiteten als Maurer, Drechsler, Schreiner, Küfer, Weber und Buchhalter, je nach Ausbildung. Die Frauen spannen, strickten, wuschen Wäsche von Hand und halfen in der Küche. Hinter dem Gefängnis hatte sich die Stadt noch nicht ausgebreitet. Das Anstaltsgelände war den Hang hinauf 16 ½ Hektar groß. Heutzutage beträgt die ummauerte Gefängnisfläche etwa 7 Hektar. (1 Hektar = 10.000 qm) 
 Seide ist ein sehr wertvoller Stoff. Dazu braucht man den Kokon der Seidenraupen, 
der aus dem Seidenfaden besteht, mit dem sich die Seidenraupen verpuppen. Deshalb sollte hier mit der Seidenraupenzucht begonnen werden und weil die Seidenraupen nichts anderes als die Blätter des Maulbeerbaumes fressen, wurden 1830 auf etwa 6 Hektar Wiese hinter dem Gefängnis etwa 1500 weiße Maulbeerbäume gepflanzt. (Stückpreis heute ca.60€). Die nicht so erfolgreich verlaufende Seidenraupenzucht wurde 1869 auf Erlass der königlichen Strafanstaltskommission eingestellt. 
 
Zwischen 1840 und 1843 wurde hinter dem Schloß, der noch heute existierende Verwaltungs- und Gewerbebau errichtet. 
Im Jahre 1879 wurde mit dem Bau einer Anstaltsinternen Wasserversorgung begonnen. (1892 bekam die Stadt Rottenburg ihr Wasserleitungsnetz) 
 
Am 21. Juni 1887 gegen halb vier Uhr am Nachmittag legte ein Brand das Hohenberger Schloß in Schutt und Asche. Im Frühjahr 1888 wurde das Schloß komplett abgerissen. 
 
 
An dieser Stelle wurde direkt an den Verwaltungsbau von 1888-1891 das Haus 1 angebaut. Es wurde mit 223 männlichen und 107 jugendlichen Gefangenen belegt. 
Ganz im Trend der Zeit wurden auch schon Gas- und Wasserleitungen eingebaut, sowie Heizöfen im ganzen Haus. (Strom gab es übrigens erst ab 1907) 
Der erste Telefonanschluss wurde im Jahre 1902 in unsere Anstalt verlegt, bei 
insgesamt damals nur etwas mehr als 30 Telefonanschlüssen in Rottenburg. 
 
Um einer möglichen Brandgefahr vorzubeugen wurde ein separater Küchenbau nördlich des Hauses 1 (heutige Bäckerei/Küche) zur gleichen Zeit errichtet. 
 
Das Landesgefängnis war seit 1898 offiziell auch Strafanstalt für „Jugendliche männlichen Geschlechtes“. Aus diesem Grund wurde ein weiteres Hafthaus geplant. 
Am 1. Juli 1904 wurde das neu erbaute Haus 2 gemäß seiner Bestimmung als Jugendhaftanstalt in Betrieb genommen. Somit konnten die jugendlichen räumlich getrennt von den alten, erfahrenen Gefangenen ihre Haftstrafe verbüßen. 
Die Anstalt war nun mit ca. 450 Gefangenen belegt. 
Da für die Aufsicht der Gefängnisse im Königreich Württemberg damals das Militär zuständig war (Abteilung Landjäger) mussten zahlreiche Aufseher 
bei Beginn des ersten Weltkrieges einrücken. Durch diesen Personalmangel kam es dann vermehrt zu Ausbrüchen. Eine personalaufwändige Verlegung der Gefangenen zu Fuß war deshalb auch nicht mehr möglich. Deswegen wurden bei der Bahn spezielle Gefangenentransportwagen eingeführt. 
Bis zum Ende des Königreichs Württemberg, nach Ende des ersten Weltkrieges 1918 wurden keine größeren Bauvorhaben mehr getätigt. 

 

Nach der unblutigen Novemberrevolution in Württemberg entstand 1919 der demokratische Volksstaat Württemberg der bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bestand. Per Gesetz wurden am 30.1.1934 alle Länderparlamente im Deutschen Reich abgeschafft und alles zentralisiert.1937 wurde die JVA Tübingen eine Außenstelle der JVA Rottenburg. Der die JVA Rottenburg umgebende Holzpalisadenzaun wurde erst im Jahre 1940 durch eine Sandsteinmauer ersetzt. Sämtliche Lebensbereiche wurden nun im Sinne der Partei gleichgeschaltet. 

Kurz ist der Weg von der Demokratie in eine Diktatur, denkt auch heute daran! 

Auch die Angelegenheiten, welche die Justiz betrafen wurden jetzt von Berlin aus geregelt. Die Justiz handelte nun im Sinne der Diktatur. Ein Gesetz gab nun den Richtern die Möglichkeit bei der Aburteilung einer Tat über die Grenzen der gesetzlichen Tatbestände hinauszugehen. 

Die hörige Justiz überschlug sich nachgerade mit der Umsetzung der Strafwillkür. 

Hier nur ein paar wenige Beispiele: Juli 1940 Ein „Handschuhdieb“ (Deliktwert 6 Reichsmark) = 1 Jahr und 8 Monate Zuchthaus, November 1942 „Hören eines Feindsenders“ = 4 Jahre Zuchthaus, Juli 1943 „Ausbrecher“ = Todesstrafe, etc. 

Ein weiteres Beispiel ist der Erlass des Reichsministers der Justiz; Nr.:  4434-Vs – 603 vom 18. März 1943: Ich zitiere aus Punkt 3. „von Waffen, insbesondere auch von der Schusswaffe, ist, wenn die unter Nr. 193 VollzO. Aufgestellten Voraussetzungen vorliegen, rücksichtslos Gebrauch zu machen. Dies gilt vor allem Polen gegenüber, bei denen es auch der unter Nr. 194 Abs.2 Satz2 vorgesehenen Ankündigung des Waffengebrauchs NICHT Bedarf“ Zitat Ende. 

Während des Krieges war die Zahl der Inhaftierten auf 1000 gestiegen. Schon von 1941 an wurden hier politische Gefangene aller Nationen inhaftiert. Zwischen 1941 und dem Kriegsende sind 78 Gefangene durch Hunger, Misshandlung und unterlassener ärztlicher Hilfe zu Tode gekommen. 

Nach dem Krieg wurden der verantwortliche Strafanstaltsdirektor und 12 ehemalige Beamte des Gefängnisses von der französischen Besatzung in Rastatt vor Gericht gestellt und verurteilt. 

Die Militärregierungen der französischen und amerikanischen Besatzungszone gründeten 1945/46 die Länder Württemberg-Baden, Südwürttemberg-Hohenzollern und Baden. Diese Länder wurden am 23.Mai 1949 Teil der Bundesrepublik Deutschland. 

Nach einer Volksabstimmung (schwere Geburt) entstand aus diesen drei Bundesländern am 25. April 1952 das Land Baden-Württemberg. Die Belange der Justiz waren nun wieder Sache der Bundesländer. In den 60er Jahren wurde bei uns einiges neu gebaut, 1960 die Anstaltsküche, mit im Untergeschoß befindlicher Anstaltsbäckerei. 

Anschließend 1962 ein neues Heizwerk. Eine weitere Außenstelle der JVA Rottenburg wurde die Domäne Maßhalderbuch auf der schwäbischen Alb. Zwischen 1974 und 76 wurde ein neues Hafthaus (Haus 3) für den Wohngruppenvollzug und ein neuer Werkhallenkomplex mit vier Arbeitsbetrieben, zur Beschäftigung von etwa 200 Gefangenen erbaut. Mit der Einführung des bundesweit geltenden neuen Strafvollzugsgesetzes 1977 wurde der Focus der Gefangenenbehandlung eindeutig auf eine Resozialisierung des Gefangenen gelegt. Ziel ist nun, den Gefangenen auf ein verantwortungsvolles und straffreies Leben nach Verbüßung seiner Haftstrafe vorzubereiten. Er soll auch im Rahmen des möglichen sich beruflich weiterbilden können. 

Seit 1984 war AIDS auch in den Gefängnissen ein Problem. 

Ein wichtiges Ereignis für die Anstalt war die am 27.09.1982 gefeierte Eröffnung der neuen Torwache zur Berliner Straße hin. Die ersten Zwei Holzhäuser für Gefangene, welche als Freigänger außerhalb der Anstalt arbeiten wurden 1983, damals noch innerhalb des Anstaltsgeländes erbaut. Im Jahre 1994 wurde eine neue Schlosserei und Wäscherei auf dem Anstaltsgelände erbaut. 

Zwischen 1994 und 2009 wurde im Auftrag des Innenministerium Baden-Württemberg ein Containerkomplex von Justizvollzugsbeamten und einem privaten Wachdienst betrieben, in dem Abschiebehäftlinge streng getrennt von Strafgefangenen 

untergebracht waren. Nachdem ein Teil des Anstaltsgeländes, hauptsächlich die Landwirtschaft und das alte Freigänger Heim einem neuen städtischen Wohngebiet zum Opfer gefallen war, wurde 1996 ein neues Freigänger Heim außerhalb der Anstalt bei der Torwache erbaut. Die Zugangsabteilung mit Hafträumen wurde im Jahre 2000 innerhalb der Anstalt in der Nähe der Torwache erbaut 

Corona war, auch bei uns im Strafvollzug zwischen 2019 und 2023 mit Einschränkungen jeglicher Art eine ganz neue Erfahrung, auf die wir sehr gerne verzichtet hätten…  Da der 1976 eröffnete Werkhallenkomplex in die Jahre gekommen war, bot sich nun 2019 die Gelegenheit diesen durch einen umfangreichen, modernen, neuen Arbeitsbetriebskomplex zu ersetzen in dem dann später fast alle Arbeitsbetriebe der Anstalt untergebracht werden können. Dieser ist in 3 Bauabschnitte unterteilt. Bauabschnitt 1 und 2 sind seit 2023 in Betrieb. 

 

Aktuelle Belegungszahlen 2024: 

-       JVA Rottenburg ca. 420 männliche Gefangene 

-       JVA Tübingen ca. 50 männliche Gefangene 

-       Domäne Maßhalderbuch ca.20 männliche Gefangene 


Außerdem hat die JVA Rottenburg derzeit 327 Beschäftigte in allen Diensten.

 

Text: M. Gunkel 
Quelle: Dr. Wigbert Schuberth 
Buch “Der Schlüssel zum Schloß“ 
Die Chronik des Rottenburger Gefängnisses 



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